Schadensposition: „Desinfektion“
Die Corona-Krise bietet insbesondere im Schadensrecht großes Diskussionspotential, wenn es um die Abrechnung von Desinfektion und Desinfektionsmittel geht.
Während einige Versicherer die in Rechnung gestellten Beträge für die Desinfektionsmaßnahmen anstandslos bezahlen, gibt es auf der anderen Seite auch eine Reihe von Versicherungen, die eben diese Positionen beanstanden.
Worum geht es konkret?
Das Corona-Virus wird unter anderem auch über die sogenannte Schmierinfektion, also durch den Kontakt mit kontaminierten Oberflächen, übertragen.
Obwohl Viren zum Überleben auf Dauer einen Wirt, beispielsweise einen Menschen, benötigen, kann das Virus – wie es die Wissenschaft bestätigt – auch über einen längeren Zeitraum auf Oberflächen überleben und damit ansteckend für Menschen sein.
Derzeit sind in allen Bereichen des öffentlichen Lebens strenge Vorkehrungen zu treffen, um die Eindämmung der Viruserkrankung SARS-CoV-2 weiter voranzutreiben.
Demnach erscheint es nur konsequent, wenn ebenso im Bereich der Fahrzeugreparatur hohe Sicherheitsstandards angesetzt werden, um genau dieses Ziel, nämlich die immer langsamere Ausbreitung des Virus, zu erreichen.
Welche Maßnahmen werden seitens der Werkstätten getroffen?
Zum Schutz der Kunden und auch zum Schutz des Personals sind nach der Annahme sowie während des Reparaturzeitraums und vor der Übergabe des Fahrzeugs entsprechende Hygienemaßnahmen zu treffen. Demnach sind alle Teile und Oberflächen, die kurzfristig berührt wurden, entsprechend zu desinfizieren. Dies gilt insbesondere für das Lenkrad, den Schalthebel, die Türgriffe innen und außen und für manches mehr.
Eben diese Positionen, beispielsweise der Arbeitslohn für die Desinfektion sowie das Desinfektionsmittel ebenso wie die Desinfektionsmatten, werden auch in der Reparaturrechnung abgerechnet.
Welchen Einwand tragen die Versicherer vor?
In der Regel wird seitens der Versicherungen angeführt, dass diese Desinfektionskosten keine erforderlichen Kosten i.S.v. § 249 BGB darstellen. Im Übrigen sind diese Kosten bereits in den Gemeinkosten enthalten.
Wie ist die rechtliche Lage?
Zunächst ist klarzustellen, dass die Hygienemaßnahmen (Desinfektion und Desinfektionsmittel) gesondert abgerechnet werden können.
Denn: Allein der Betrieb entscheidet betriebswirtschaftlich, ob er die Position in die Gemeinkosten nimmt oder nicht; die Autonomie zur Preisfestsetzung liegt auch hier beim Unternehmer (BGH Urt. v. 25.09.2018 – Az.: VI ZR 65/18).
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass im Schadensrecht alle Risiken dem Schädiger zur Last fallen.
Das Werkstatt- und Prognoserisiko ist vom Schädiger bzw. dessen Versicherung zu tragen (BGH NJW 72, 1800, 78, 2592, 92, 302). Er haftet damit auch für Mehrkosten.
Somit sind die Kosten rund um die Desinfektion unserer Einschätzung nach erstattungsfähig.
Derzeit gibt es zu diesem Problemkreis noch keine gerichtliche Entscheidung. Allerdings lässt sich erkennen, dass die Versicherungen nach der anwaltlichen Monierung die in Abzug gebrachten Kosten beanstandungslos nachregulieren.
Denn: Es stößt gänzlich auf Unverständnis, wenn also einer Reparaturwerkstatt, die gerade bemüht ist, die staatlichen Auflagen und Empfehlungen zum Schutz unser aller Wohl bestens zu erfüllen, ein Vorwurf bezüglich der Vorgehensweise gemacht wird.
Die Kanzlei Pickartz steht Ihnen für weitere Informationen gerne zur Verfügung.